Theo van Doesburg Simultane Gegenkomposition 1929

Express-Übersicht

 

Neben Informationen zur „VG-Stiftung“ gibt es hier für den schnellen Leser eine erste Information zur konkret-konstruktiven Kunst sowie zur Gliederung von VG’s Oeuvre im Kontext der Avantgarden seiner Zeit über eine Präsentations-Matrix.

Angelegt als dokumentarisches System informiert sie aus vertikaler Sicht über relevante Bezüge zu zeitgenössischen Avantgarden und aus horizontaler Sicht durch gleiche Gliederung über vergleichbare Entwicklungen

Konkret-konstruktive Kunst – was ist das? 

Kennzeichnend für die Tradition der Kunst bis zum Ende des 19.Jahrhunderts war ein zentrales Merkmal: die Nachahmung von Natur (Gegenstände, Menschen, Landschaften, etc.) im Sinne des sogenannten mimetischen Prinzips mit den Mitteln von Formen und Farben. Die dadurch entstandenen Werke – z.B. das Bild einer Person, einer Landschaft – waren gegenüber der realen Welt immer ein unterschiedlich erkennbares Ab-Bild, ein abgeleitetes und damit letztlich abstraktes Werk gegenüber der Realität.

Im Unterschied zu diesem Jahrhunderte altem Selbstverständnis von Kunst, bildeten sich im Übergang zum 20. Jahrhundert im Kontext gravierender Veränderungen in den Naturwissenschaften (Physik, Biologie, Medizin etc.), der Technik (Fotoapparat, Auto, Flugzeug etc.) und Gesellschaft (Parteien, soziale Bewegungen etc.) in mehren Ländern Europas zeitgleich auch neue Vorstellungen zu Aufgabe und Ziel der Kunst heraus. „Ohne uns zu kennen, hatten wir dem gleichen Ziel entgegengearbeitet […] Es war ein Aufbrechen von allen Farben und Formen der Welt. Diese Malereien, diese Bildhauerarbeiten – diese Dinge – enthielten keine konventionellen Elemente mehr. In allen Ländern entstanden Jünger dieser neuen Kunst. Die konkrete Kunst beeinflusste Architektur, Gegenstand, Film, Typographie“ (Arp 1915) stellt Hans Arp schon früh fest.

Diese neue Kunst sollte nicht mehr die Welt nur bedeutungsvoll abbilden, sondern selbst, mit eigenen Mitteln, zur Erkenntnis von Welt beitragen. Woraus folgte: Eine solche Kunst musste ein autonom gestaltetes Ausdrucksmittel, so etwas wie eine eigene „Sprache“ entwickeln, um zum eigenständigen Träger von visuellen Darstellungen geistiger Zusammenhänge werden zu können. Mit Blick auf das Vorbild der Musik galt es, kleinste Elemente des künstlerischen Ausdrucks, gleichsam ein „Alphabet“ und eine „Grammatik“ zu entwickeln. Aus minimalistischer Sicht sind dies vor allem Form, Farbe, Fläche, Licht und Bewegung mit basalen Einheiten wie Kreis, Quadrat, Dreieck, Linie, Kugel, Würfel, Kegel, die Primärfarben gelb, rot, blau oder der Rhythmus sowie ein Ordnungs-System, das nicht von der Natur abgeleitet wird, sondern geistigen (logischen) Prinzipien entspricht wie z.B. die Mathematik bzw. die Geometrie.

Findet auf dieser Basis eine künstlerische Gestaltung statt, dann ist das Oeuvre – im Gegensatz zur nachahmenden, mimetischen Kunst und im Widerspruch zu unserem Alltagsverständnis – nicht abstrakt, sondern „konkret“, „denn nichts (ist) konkreter, nichts […] als eine Linie, eine Farbe, eine Fläche“ wie van Doesburg betont, denn „eine Fläche […] ist eine Fläche, eine Linie eine Linie, nichts mehr und nichts weniger“. (Manifest 1930) Und für Camille Graeser bedeutete konkrete Kunst die „Ausschaltung alles Unbewussten, bauen, konstruieren und entwickeln von Rhythmen auf geometrischer Grundlage, ein logisches Schaffen von Kunstwerken, die Eigengesetzlichkeit haben, bei dem das Spiel mit Maß und Wert von Farbe, Form und Linie“ (Koella u.a. 1995, S. 81) die Arbeit bestimmen.

Mit diesem neuen Verständnis verbanden viele Vertreter auch den Anspruch, durch Kunst zu einer gesellschaftlichen Veränderung beitragen zu können. Neben dem schon vorher mit Bezug auf die russischen Vertreter (Malewitsch, El Lissitzky u.a.) benutzten Begriff „konstruktiv“, fand der Begriff „konkret“, bei unterschiedlicher Akzentsetzung bzw. Abgrenzung, Anwendung für die Kennzeichnung der neuen, individuell divergierenden Kunstauffassung. Die Überschrift dieses Portals ist daher eher eine Sammelbezeichnung als eine spezifische Konzeptbezeichnung.

Präsentations-Matrix

Die Darstellung zum Oeuvre Vordemberge-Gildewarts im Kontext konkret-konstruktiver Kunst ist als Matrix angelegt, die aus vertikaler und horizontaler Sicht gelesen werden kann.

VG De Stijl Zürcher Konkrete
Steckbrief xxx xxx xxx
Ziele und Perspektiven xxx xxx xxx
Legitimation u. ges. Bezug xxx xxx xxx
Architektur u. Baugestaltung xxx xxx xxx
Handwerk u. Raumgestaltung xxx xxx xxx
Technik, Film u. Foto xxx xxx xxx
Sprache u. Literatur xxx xxx xxx
Typographie u. Design xxx xxx xxx
Musik u. Tanz xxx xxx xxx

Vertikale Gliederung

VG hat seine Arbeiten im engen Kontakt zu zeitgleichen Aktivitäten anderer Künstler der neuen Kunstbewegung geschaffen. Um die direkten und indirekten Einflüsse erkennbar zu machen, wurden neben VGs Werkdarstellung bisher zwei (geplant vier) von der Kunstgeschichte als Avantgarden gekennzeichnete Bewegungen mit jeweils zwei besonders relevanten Vertretern dargestellt.

Horizontale Gliederung

Durch eine gleiche Gliederung der vertikalen Darstellungen der Avantgarden ist aus horizontaler Perspektive auch ein direkter Vergleich der relevanten Künstler mit VG und dessen Oeuvre möglich.

Lesehinweis

Für den schnellen Überblick bieten neben dieser Einführung konkret-konstruktive Kunst – was ist das? die jeweiligen Steckbriefe der vertikalen Darstellungen einen ersten Überblick.  Für den vertiefenden Blick auf die Details der neuen Kunstbewegung eignen sich die einzelnen – auch vergleichend zu lesenden – Kapitel. 

Die parallele Website vg-initiative.de zeigt den Lebensweg Vordemberge-Gildewarts und seine Spuren in der Geburtsstadt.

Übersichts-Literatur (Auswahl)

Farner, K. (1970): Der Aufstand der Abstrakt-konkreten. Neuwied/ Berlin.

Gesellschaft für Kunst und Gestaltung Bonn (1987): Eckpunkte, Positionen konkret-konstruktiver Kunst heute. Bonn.

Hoffmann, T. (2012) Die Idee Konkret. Konkrete Kunst als ideengeschichtliche Entwicklung. Ingolstadt.

Institut für Moderne Kunst Nürnberg (1969): Konstruktive Kunst. Elemente und Prinzipien. Katalog 2 Bd. Bienale 1969. Nürnberg.

Riese, H. P. (2008): Kunst: Konstruktiv/Konkret. Gesellschaftliche Utopien der Moderne. München, Berlin.

Rotzler, W. (1977): Konstruktive Konzepte. Eine Geschichte der konstruktiven Kunst vom Kubismus bis heute. Zürich (3. Auflage 1995).

Schröder, B. (2008): Konkrete Kunst. Mathematisches Kalkül und programmiertes Chaos. Berlin.

Volkwein, P. (Hrsg.) (1991): Museum für konkrete Kunst Ingolstadt. Braunschweig.

Weinberg-Staber, M. (Hrsg.) (2001): Konkrete Kunst. Manifeste und Künstlertexte. Zürich.